Siehe auch die Erklärung unter diesem Text!
Jedes Jahr, am letzten Dienstag im August, findet in Steinhorst eines
der höchsten Festlichkeiten für die Einwohner unseres Dorfes statt.
Schon eine Woche vorher werden Buden, Stände und „Fahrgeschäfte“
wie Bobbahn, Kinderkarussell, Autoscooter und Telecombat aufgebaut.
Auf dem Park unweit der ehrwürdigen im 13. Jahrhundert erbauten
Wehrkirche neben dem “ Hermann-Löns-Stein “ wird gerichtet,
gehämmert und gemessen, geschrien und gestritten; jeder will den
besten Platz haben, der Marktmeister hat seine liebe Not und die
Kinder ihre Freude. Am Markttag selbst ist dann alles im Lot, und Jubel
und Trubel nehmen ihren Lauf.
Der Steinhorster Markt hat eine uralte Tradition. Die Lage des Ortes
an der heute noch bestes Wasser führenden Lachte, als Mittelpunkt
von Weggabelungen nach Celle-Wittingen-Gifhorn und Uelzen und zu
den Nachbarorten Räderloh, Lüsche, Bargfeld, Eldingen, Metzingen,
Grebshorn, Zahrenholz, und Gr. Oesingen hat Steinhorst schon im frühen
Mittelalter zu einem Marktflecken geradezu bestimmt. In alter Zeit, bis
ins XX.Jahrhundert, war hier auch Vieh- und Krämermarkt mit all dem
Geschehen, welches auch heute noch seinen Reiz hat. So ist in alten
Urkunden zu lesen, daß schon damals eine strenge Ordnung ( später
Gewerbeordnung) eingehalten werden mußte, daß das königliche
Gericht in Hannover über Streitigkeiten, z.B. mit dem Wolle färben,
entscheiden mußte und anderes mehr. Damals erfüllte der Markt eine
hervorragende wirtschaftliche Bedeutung und trug wesentlich zur
Versorgung von Stall und Haushalt, Mensch und Tier bei.
Dabei hat sich eine starke und feste Bindung der umliegenden Gemein-
wesen zu Steinhorst gebildet, die bis in die heutigen Tage hineinreicht.
Das ist das Erstaunliche an diesem Steinhorster Jahrmarkt, dass die
wirtschaftliche Bedeutung auf ein geringes Maß geschrumpft ist, aber
die gesellschaftliche, menschliche Bindung erhalten geblieben, ja
sogar noch verstärkt worden ist.
Mit „Kind und Kegel“ kommen die „Nachbarn“ aus den oben genannten
Dörfern, so dass gegen Abend der sonst ruhige Ort überquillt von
Menschen, die das echte innere Bedürfnis haben, sich dort einzufinden,
miteinander zu reden, bei einer Tasse Kaffee oder einem Glas Bier mit
alten Bekannten, die man sonst das ganze Jahr nicht sieht, zu plaudern,
sich nach dem Befinden erkundigen.
Gerade dies macht diesen Jahrmarkt so wertvoll: Der Markt ist eine
Stätte der Begegnung geworden, gerade als in dieser materialistischen
Welt und Zeit solches Geschehen noch einen Hort von Menschlichkeit
darstellt und ein inneres Verlangen die Menschen zueinander führt.
„Prosit Jahrmarkt“ rufen alle sich gegenseitig zu, wobei das „pro-sit“
nicht nur den Bezug auf den Alkohol, sondern auch den Wunsch zum
persönlichen Wohlergehen, aber auch die Hoffnung, dass diese Ein-
richtung in Steinhorst noch lange erhalten bleiben möge, ausdrückt.
Erklärung zum Text:
Diesen Text hat Ernst Güß (ehemaliger Bürgermeister) 1989 geschrieben, damals
wurde der Jahrmarkt schon einige Tage vorher aufgebaut. Am Sonntagnachmittag,
gegen 15.00 Uhr, wurden die Karussells schon einmal Probe gelaufen
und einige Buden hatten geöffnet.
Zu dieser Zeit wurden die Karussells auch nicht im Park aufgestellt,
sondern auf dem Linneplatz, gegenüber vom Gasthof Heine, auf der
Grünanlage an der Kreuzung Marktstrasse/Räderloher Str..
Die Stände und Buden wurden auch nicht in Richtung Kirche, sondern in
Richtung Schulmuseum, aufgebaut. Einige Jahre fand der Jahrmarkt
in der Räderloher Str. statt.
Ursprünglich fand der Markt am Montag nach Bartholomäus (24. August) statt.
Hans-Hartmuth Müller
Quelle: Steinhorst Geschichte(n) eines Dorfes – geschrieben von
Ernst Güß.