Im Jahr 1938 verwirklichte Lehrer Albert Lahmann sein bedeutendes Projekt, den Bau eines Freibades.
Einen Kilometer nördlich des Dorfes bot ein 150m schmales quelliges Moorgelände, Ursprung des Räderbaches, die besten Voraussetzungen für ein Freibad am nahen Blickwedler Weg.
Seine Idee und Planvorstellungen von einem Stauteich am Moorrand als Wasserlieferant erschien den Dörflern schier unmöglich und stieß auf allgemeine Ablehnung.
Mit beweiskräftigen Aktionen zerstreute er mit seinen Schülern ihre Bedenken bezüglich seiner Planvorstellungen.
Von einer möglichen Stauteichhöhe am schmalen Moorende, bearbeitete der Lehrer mit ihnen und einfachsten Mitteln das Gelände bis zum angedachten Badplatz am Blickwedler Weg, 100m abwärts aus.
Mit Wasserwaage, Schlauch und markiertem Stab maßen sie nach dem physikalischen Gesetz der kommunizierenden Röhren in dem vorgesehenen Terrain. Als auch Fachleute die Berechnungen als exakt und identisch bestätigten, schwand das Misstrauen für eine Durchführbarkeit. Doch immer wieder schien das Vorhaben an wichtigen Umständen zu scheitern.
Die veranschlagten Baukosten von 7800 Reichsmark konnte die Gemeinde nicht aufbringen. Aber der Planer wusste Rat und beruhigte die Gemüter mit soliden Argumenten. Sachliche Eigenleistungen und freiwillige Arbeitsstunden beschränkten schließlich die Endkosten auf ca. 1000RM.
Letztlich konnte das Vorhaben starten, nachdem die letzte Hürde der Bauleitung gesichert war.
Voll Vertrauen auf ihrem auch bautechnisch versierten „Allerweltskerl“ beauftragte die Gemeinde ihren Lehrer einmütig mit der gesamten Bauleitung.
Im Sommer 1938 machte man sich ans Werk. Das Ausschachten des Schwimmbeckens, 25×12 Meter, wurde u.a. in Akkord an die Steinhorster Willi Schmidt sen., Hermann Hössermann und Ernst Drögemüller vergeben.
Fotos Ulrich Lahmann
Mit ihnen, schaufelten freiwillige Räderloher und Schüler, das Erdreich mit einer Lore hinaus. Eine zusätzliche Erweiterung des Bassins gehörte dazu. An einer Ecke des Nichtschwimmendteiles 8x6m, ein Plantschbecken von 5x2m.
Von 50 cm Wassertiefe an dieser Stelle, fiel die gestampfte Sandkiessohle bis zur Sprunggrube bis auf 2,50 m ab. Rundholzpfosten aus eigenen Förstereien, 3 bis 5 Meter lang , wurden in den Sohlenrand bis 1,50m tief gerammt. Voneinander 1,50 m entfernt, mit 3 cm dicken Bohlen verkleidet und mit Drahtseilen verankert. Die Pfosten wurden mit einer 20 cm dichten Lehmschicht hinter stampft.
Pferdefuhrwerke übernahmen den Transport vom bäuerlichen Wald und von der Zimmerei Müller in Steinhorst.
Nun galt s den Stauteich in 100 m Entfernung zu errichten. Ein 100 m langer Damm wurde vor dem Moor aufgeschüttet. Hinter dieser Speere sammelte sich das quellige Moorwasser.
Ein Mönch*, eingebaut in eine beidseitige Spundwand, regelte den Abfluß des vorgewärmten Wassers in eine Rohrleitung mit zwischengeschalteter Filteranlage (Kies und Koks) zum Badebecken. Alle vorgegebenen Bedingungen waren erfüllt.
*Als Mönch wird ein Ablauf eines Teichs bezeichnet, mit dessen Hilfe der Wasserspiegel konstant gehalten, und das Teichwasser teilweise oder total abgelassen werden kann.
Mit großer Spannung fieberte ganz Räderloh und eine große Schar Neugieriger und Interessierter dem krönenden Abschluß entgegen.
Im Frühjahr 1939 war es so weit!
Erfüllten sich alle Erwartungen?
Das Wasser stieg cm um cm, wie errechnet bis zum Beckenrand.
Räderloh hatte die Sensation.
Mit einem gespendeten Ein-Meter-Sprungbrett und zwei weiße Ruhebänke begann bestens bestückt die erste Badesaison. Ein voller Erfolg. Eine weite Liege- und Spielwiese bot Badefreunden und Sonnenanbetern reichlich Platz. Am Rand befanden sich Umkleidekabinen und abseits 2 Aborte.
Weil das Wasser nach einigen Jahren mit Braunalgen verschlickt war, wurde das Wasser aus einem Ringbrunnen entnommen und in einem erhöhten Behälter gepumpt. Von der Fa. Crede`aus Steinhorst, wurde vor einer Umkleidekabine eine Duschanlage installiert. Auch eine Trinkgelegenheit war angeschlossen.
1956 erhielt die Badeanstalt eine Betoneinfassung. Die mürbe gewordene Holzverkleidung entsprach nicht mehr den statischen Bedingungen.
Ende der 60er Jahre , nach 30 Jahren fröhlicher Betriebsamkeit, wurde der Badebetrieb eingestellt. Zu hoch waren die amtlichen Auflagen: Aufsichtspflicht, Hygienevorschriften.
Kein munteres Treiben erfüllt heute das Ursprungstal des Räderbaches.
Nach jahrelangem Leerstand wurde das Bad eingeebnet.
Das bedeutenste Lebenswerk des Lehrers Lahmann – damals in modestrengem grünen schulterhohen Badeanzug – und Erbauers ist Geschichte.
Eine Erinnerungstafel an das einstige lebendige Freibad und seiner Erbauer wäre sicher ein würdiger Dank gewesen.
Verfasser: Ulrich Lahmann – Wahrenholz , Sohn von Albert Lahmann ,
niedergeschrieben im Januar 2022 zur Veröffentlichung
auf dem Steinhorster Blog.
Hans-Hartmuth Müller Feb. 2022