Unser Steinhorst

Steinhorst liegt im Tal der Lachte. Sie ist eine Schmelzwasserlinie aus der Eiszeit. Auf
der etwas fruchtbaren westlichen Hälfte der Steinhorster Flur mit ihrer dünn sandbedeckten steinigen Lehmschicht hat der Gletscher der früheren Saale-Eiszeit gelegen. Die Oberfläche der östlichen tief sandigen Hälfte von Steinhorst ist dagegen als Randgebiet eines jüngeren Gletschers entstanden.

Früher zunächst waldige Urlandschaft. Nach Rodung der Wälder und Aufzucht großer Schafherden folgte die Ausdehnung großer Heideflächen, die dann als vorhergehende und jetzige Wälder aufgeforstet worden sind.
Wann aber entstand das Dorf Steinhorst? Als um 120 v. Chr. die Kimbern von Jütland nach Süden zogen, brachten sie andere germanische Stämme, die an der Elbe wohnten, in Bewegung. Unter ihnen drangen die etymologischen Sweben in Richtung Süden bis zum Harz und zur mittleren Weser vor.
Sie hinterließen ihre Spur in den Ortsgründungen, deren Namen auf  -ingen
(auf den Wiesen) enden. Zum Beispiel Groß und Klein Oesingen, Metzingen,Eldingen.

Von ihnen aus, wurden im 11. bis12. Jahrhundert n. Chr. an Stellen, bei denen die Rodung des Waldes nicht so schwierig war und sich natürliche Vorzüge für eine Siedlung (z.B. Flusstäler) boten, jüngere Siedlungen gegründet.
Auch sie verraten in den Endungen ihrer Namen ihren Ursprung als im Wald oder Busch gerodeter Dörfer: so unser Steinhorst, Räderloh (Busch am Räderbach), Mahrenholz und Zahrenholz.

Mit gutem Grund hatten die Väter im 12. Jahrhundert, also im Hochmittelalter, hier das Rodungsdorf Steinhorst auf dem etwas steinigen Horst angelegt; denn dort, wo die Lachte von Nordosten ins Dorf eine große Schleife macht, ließ sich das Wasser gut stauen und hinter dem Stau eine Wassermühle anlegen.

Um die Steinhorster Mühle sammelten sich die Bewohner aus den Nachbardörfern.
 Die Bauern der näheren Umgebung ließen hier ihr Korn mahlen und es entstand ein

kleiner wirtschaftlicher Sammelpunkt durch die Entwicklung zum Holzmarkt einen
weiteren Ausbau. Hier wurden die „Holtinge“ gehegt, die Holzgerichte für den
weiteren Umkreis gehalten.

Im 13. und 14. Jahrhundert war Steinhorst ein Lehnsgut der Ritter – „von Blankenburg“
und dann „von Campe“. Im 15. Jahrhundert fiel es an die braunschweigisch – lüneburgische Landherrschaft zurück und es wurde ein landesherrlicher Pächter, ein „Meier“, eingesetzt.
Gleichzeitig wurde Steinhorst zum Verwaltungsmittelpunkt der umliegenden Ortschaften erhoben.

Der Steinhorster Meier, der unter dem Hankensbüttelers Gografen, Unterbefehlshaber des Heerbannes in Kriegszeiten war, wurde zum landesherrlichen Vogte und Steinhorst
zur Vogtei. Dieses war ein Unterverwaltungsbezirk für die Ortschaften Steinhorst,
Gr. und Kl. Oesingen, Mahrenholz, Zahrenholz, Grebshorn, Räderloh und Lüsche.


Im 15. und 16. Jahrhundert bildeten sich die größeren landesherrlichen Ämter heraus,
deren Ausgangspunkt meist fürstliche Burgen waren, wie in Gifhorn, wo der für Steinhorst zuständige Amtmann saß. Wegen der großen Entfernung zwischen Steinhorst und Gifhorn wurde 1798/99 die Vogtei Steinhorst zum Amte Isenhagen gelegt. Im vorigen Jahrhundert sind aus den Ämtern die ehemaligen Kreise geworden. Bis 1932 blieb Steinhorst beim Kreise Isenhagen und gehört seit dessen Auflösung wieder zu Gifhorn.
In Steinhorst wurde also nicht wie sonst, vielfach westlich der Elbe die Kirche, sondern die alte wirtschaftliche, forstliche und Verwaltungsmitte die Grundlage für die Bedeutung und Entwicklung des Ortes. Auch kriegerische Zeiten sind über unser stilles Heidedorf dahingegangen. Aber direkt ins Dorf kamen Feinde erst im Dreißigjährigen Kriege: Vor den schwedischen Reitern flohen die armen Bauern in die Wälder und so mancher Hof wurde verwüstet. Keiner war seiner Habe und seines Lebens sicher.
Aber nicht nur während dieser Zeit, sondern auch noch nach den Rauchfahnen vom Sengen und Brennen der dort gewüteten Landsknechte verflogen waren, gab es noch manchen Totschlag in der Gegend.

So steht in der Steinhorster Pfarrchronik des Jahres 1668 eingetragen:
Eines Sonntags führte der alte Streit der Eldinger mit den Steinhorstern wegen der Hütung der Schweine im Papenbergsgehege zu Tätlichkeiten derart, das nachdem sie mit
Knüppeln und dergleichen aufeinander losgegangen.
Der Steinhorster Altersmannsohn Jacob Gaas, also geschlagen worden ist, dass über den Tag er den Geist hat aufgeben müssen. Die Gaas haben hier früher gesessen, wo jetzt der Heine`sche Gasthof steht.
Im Siebenjährigen Krieg (1758) französischen Kriegsvolk, im Winter 1805 wieder
französische Soldaten, dann die Russen und ab 1807 spanische, bayrische und
holländische Truppen in unserer Gegend. Die letzten fremden Soldaten, das waren die Amerikaner im April 1945.
In der Zeit von 1489 bis 1840 gab es in Steinhorst 34 Hausstellen. Sie setzten sich
aus 6 Vollhöfen (je mit so viel Ackerfläche, wie damals von einem Pflug bestellt werden konnte), 2 Halbhöfe, 7 Viertelhöfe und 6 Achtelhöfe zusammen. Die Viertel- und Achtelhöfe waren Kötner. Sie hatten nur Land einer Kate und etwas Garten. Die Brinksitzer hatten nur ihre Hausstelle und Bewohner, die kein Haus hatten, nannten sich Häuslinge oder Einlieger.

Von 1489 hat sich in Steinhorst kein Bauerngeschlecht bis heute gehalten. Aber aus dem Dorf heraus und wieder hineingeheiratet, so zum Beispiel der Landesbischof Dr. Lilje in Lüsche. Dessen Vorfahren lebten 1489 in Steinhorst auf der Hofstelle Nr.1, heute der Freifrau von Hammerstein gehört.

Noch vor 250 Jahren pflegten die Bauern hauptsächlich Schaf und Heidschnucken Zucht. Nebenbei wurden Bienen gehalten. Je mehr Wald für Ackerflächen abgeholzt wurde, umso mehr wurde im Moor Torf gestochen, um Brennmaterial zu haben.
Im Jahre 1841 wurde eine Gemeinheitsteilung durchgeführt. Jeder Bauer erhielt einen genau abgegrenzten Teil Acker. Die größe richtete sich an der Zahl der vorhandenen Schafe aus.
Die dort gebildeten Höfe wurden zur Realgemeinde zusammengefasst. Erst als in unserem Jahrhundert der künstliche Dünger bekannt wurde, ging es mit der Landwirtschaft bergauf.

1853 wurde die Chaussee Celle-Wittingen-Salzwedel gebaut. Darauf wurden die Ernteüberschüsse aus dem Dorf gefahren. Im Jahre 1904 wurde die gebaute Eisenbahnstrecke Celle-Wittingen Haupttransportmittel. Während dieser Zeit werden die Kuhgespanne durch schmucke Pferdegespanne und Trecker abgelöst.
Die Bedeutung der Pferdezucht wird durch die Errichtung einer Deckstation des Celler Landgestüts deutlich.

Einen besonderen wirtschaftlichen Auftrieb erlebte Steinhorst vor rund 400 Jahren durch die Einrichtung der Vogtei, wodurch hier der jährliche Jahrmarkt abgehalten wird. Ferkel- und Viehmarkt, Schuhmacher, Bekleidung, Hausrat, Bratwurst, Süßigkeiten, Karussell und Schaubuden, lockten die Heidjer von nah und fern. Der damalige echte große Steinhorster Markt hat sich erst wieder in den letzten Jahren zu einem Begriff in nah und fern entwickelt, (wenn auch heute in einer etwas anderen Form wie früher).

Da sind wir am Schluss unserer sehr kurz gehaltenen, geschichtlichen Wanderung durch den Werdegang von Steinhorst angekommen. Hoffentlich ist ein kleiner Einblick in das Eigenleben unseres kleinen Heidedorfes gelungen.

Dieter Bieber
aufgeschrieben  1975

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

sechzehn − acht =